Eingehende Fehlercharakterisierung und analytische Modellierung von Brüchigkeiten / Schalenfehlern auf Grobblechoberflächen
In der vorliegenden Arbeit sind Ursachen und Entstehungsmechanismen von Schalenfehlern auf Grobblechoberflächen mittels Advanced Analytics und Data Mining Methoden an Prozessdaten aus den Stahlwerks- und Grobblechwalzprozessen sowie Qualitätsdaten aus makroskopischen und mikroskopischen Fehlercharakterisierungen untersucht worden. Die Kernhypothese dieser Arbeit ist es, dass multi-dimensionale, nicht-lineare Abhängigkeiten zwischen verketteten Einflussfaktoren aus sowohl den metallurgischen Prozessschritten (Flüssigmetallurgie und Stranggießen), als auch dem Grobblechwalzprozess und der Entstehung und dem Auftreten von Schalenfehlern auf Grobblechoberflächen existieren und diese mit Advanced Analytics und Data Mining Methoden identifiziert, qualitativ eingegrenzt und für diese Eingrenzung quantitativ bestimmt werden können. Die identifizierten, für die Schalenfehlerentstehung kritischen Prozessparameterkombinationen und zugehörigen Schwellwerte können zudem durch den Abgleich mit physikalischen, werkstoffkundlichen und prozesstechnischen Gesetzmäßigkeiten sowie durch flankierende Labor- und Betriebsversuche plausibilisiert werden. Dazu wurden im Rahmen dieser Arbeit alle bei den Projektpartnern Salzgitter Flachstahl GmbH und Ilsenburger Grobblech GmbH verfügbaren Prozess- und Qualitätsparameter der Stahlwerks- und Grobblechwalzprozesse, die Eigenschaften der untersuchten Stahlschmelzen und Schlacken, sowie die Qualitätsbewertungen an den fertig gewalzten Grobblechen statistisch ausgewertet und unter Anwendung der oben genannten Methoden, Korrelationen zwischen den Qualitätsbefunden und Prozessparameterkombinationen mit potentiell kritischen Schwellwerten identifiziert. Es ist durch kritische Interpretation der Data Mining Ergebnisse und Wahl der optimalen Modell-parametereinstellungen bei der Konfiguration der Data Mining Verfahren (Entscheidungsbäume, künstliche neuronale Netze, Clustering-Verfahren) möglich, diejenigen Prozessparameterkombinationen zu identifizieren, die auch nach den geltenden physikalischen, metallurgischen und werkstoffkundlichen Gesetzmäßigkeiten als ursächlich für die Entstehung von Schalenfehlern oder Brüchigkeiten am Grob-blech gelten können und welche sich ebenfalls in Versuchsreihen an mit künstlichen Fehlern versehenen Brammenstücken, in Glühversuchen und durch thermodynamische Simulationen belegen lassen. Ein weiterer Fokus dieser Arbeit liegt auf der eingehenden Charakterisierung von Schalenfehlern oder Brüchigkeiten, wie sie am Grobblech auftauchen, aber auch auf Bandstahloberflächen beobachtet werden. Dazu wurde ein Schalenfehler-Fehlerkatalog und ein Übersetzungsschlüssel für die unterschiedlichen in der Fachliteratur, in den Qualitätsabteilungen der beteiligten Werke zu findenden Fehlerbezeichnungen und Ausprägungen erstellt. In umfassenden Untersuchungsreihen wurden zudem Schalenfehlerbefunde mit wachsender Auflösungstiefe analysiert und auf diese Weise metallographische (Schliffe mit Lichtmikroskopie), spektroskopische (Elektronen-Streu-Verfahren und Röntgen-diffraktrometrie-Verfahren) und makroskopische Fehlerbefunde miteinander in Einklang gebracht und unterschiedlichen Entstehungsmechanismen zugeordnet. Die Ergebnisse der mikroskopischen Schalenfehleruntersuchungen wurden außerdem mittels bildanalytischer Verfahren ausgewertet und auf diese Weise zusätzliche Qualitätsdaten geschaffen, die eine automatische Fehlerklassenzuordnung anhand der Schliffbilder zulassen. Durch Anwendung von Data Mining Verfahren auf ebendiese bildanalytisch generierten Fehler-Qualitätsdaten und Stahlwerks- und Walzwerksparametern von den Blechen bzw. Schmelzen aus denen die Fehlerproben stammten, konnten außerdem die statistischen Hinweise auf die fehlerursächlichen kritischen Prozessparameter-kombinationen aus der Gesamtdatenanalyse präzisiert werden. Eine Erkenntnis dieser Untersuchungen ist, dass die Datenanalyse mit Data Mining Werkzeugen ein mächtiges Werkzeug ist, dass allein zwar erste Hinweise auf die Haupteinflussfaktoren für die Entstehung eines Materialfehlers wie einen Schalenfehler liefern kann, ohne die zusätzliche Betrachtung von physikalischen, werkstoffabhängigen und prozesstechnischen Randbedingungen und kritische Ergebnisinterpretation jedoch die Gefahr von Fehlschlüssen mit sich bringt und eine Ursache-Wirkungs-Beziehung erst nach eingehender Detailuntersuchung, phänomenologischer Plausibilisierung und Beleg in Labor- und Betriebsversuchen ableitbar ist. Dann jedoch können die Advanced Analytics und Data Mining Verfahren eine sehr gewinnbringende Ergänzung des Methodenbaukastens bei der Charakterisierung und Untersuchung von Schalenfehler-Entstehungsmechanismen sein.
In this work, reasons for and forming mechanisms of surface laminations on heavy plate surfaces have been studied. Advanced Analytics and Data Mining methods have been applied to large sets of process and quality data from steel plant, rolling mill and the subsequent macroscopic and microscopic defect characterizations. The main thesis is, that there are multi-dimensional, non-linear cause and effect relations between linked influencing factors from both metallurgical (secondary metallurgy and continuous casting) and rolling processes and the formation and occurrence of surface lamination defects on heavy plate surfaces and that these caus and effect relations can be identified, quantified and validated by means of Advanced Analytics and Data Mining. The identified critical process paramter combinations may also be verified by looking into material science, physical and process technology laws, the same as results from laboratory trials and experiments. In order to achieve that, all available process and quality parameters from the steel plant, plate rolling mill and quality department of the project partners Salzgitter Flachstahl GmbH and Ilsenburger Grobblech GmbH were analyzed statistically using the above mentioned techniques. Through critical interpretation, choice of correct model parameter settings (neural networks, decision trees, clustering algorithms) it was possible to identify process parameter combinations and threshold values that are explicable and verifiable by general material science and physical laws. The annealing and rolling trials carried out on prepared samples with artificially induced defects, support the statistically identified defects causes, too. Thermodynamic simulations were also used to verify the statistical results from the Data Mining analysis. Another focus of this work lay on a detailed defect charaterization. A unified defect catalogue was developed, including a translation key in order to introduce a mutual defect terminology among the different defect names found in literature and the quality departments of the involved production sites. Various defect analyses of different types of surface laminations with increasing resolution allowed for building specific defect classes according to the macroscopic, microscopic (light microscopy) and spectroscopic characerisation results. Theses defect classes could then be successfully routed back to defect specific origins in the manufacturing process. Microscopic defect characterization results were analyzed using image processing technology. As a result, additional quality data could be generated and subsequently used during detailed Data Mining analysis. The Data Mining results using the quality data information from microscopic images allowed for verifying and refine the results form the initial Data Mining analysis. Statistical Analysis of large sets of process and quality data poses a powerful instrument for identifying defect origins and critical process parameter combinations that lead to more frequent defect occurences. However without critical interpretation and regarding the general laws of material and process technology and physics, there is the danger of following misleading tracks and junping to conclusions too quickly.
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