Maßnahmen zur Dekarbonisierung des Hochofenprozesses durch Einsatz von Wasserstoff

Der Übergang zu einem nachhaltigen Energiesystem und die damit einhergehende Reduktion der anthropogenen Treibhausgasemissionen ist eine der zentralen Aufgaben der Weltgemeinschaft im 21. Jahrhundert. Dazu ist es nicht allein ausreichend, die Strom- und Wärmeerzeugung zu dekarbonisieren; eine Minderung der Emissionen in anderen Bereichen, wie industriellen Prozessen, ist ebenso erforderlich. Die Eisen- und Stahlindustrie ist dabei ein großer industrieller CO2-Emittent; ungefähr zwei Drittel des Stahls werden heute auf der Hochofen/Konverterroute produziert. Eine aussichtsreiche Möglichkeit, die CO2-Emissionen in diesem Sektor zu senken, ist der Einsatz von Wasserstoff zur Reduktion von Eisenoxiden. Auf diese Weise kann das Re-duktionsmittel Kohlenstoffmonoxid teilweise oder komplett ersetzt werden. Durch eine Elektrolyse kann der benötigte Wasserstoff dabei nahezu emissionslos produziert werden, wenn regenerativ erzeugter Strom zur Verfügung steht. In der vorliegenden Arbeit werden diesbezüglich zwei Konzepte zum Wasserstoffeinsatz bei der Roheisenerzeugung im Hochofen anhand von Simulationen analysiert. Zum einen wird das Einblasen von Wasserstoff als Ersatzreduktionsmittel in die Formenebene und den Schacht des Hochofens untersucht. Zum anderen wird die Nutzung von direkt reduziertem Eisen (DRI) als Möllerbestandteil im Hochofen betrachtet, welches zum Großteil mit Wasserstoff hergestellt wird. Den Kern der Arbeit stellt dabei die Ermittlung hinsichtlich des Wasserstoffbedarfs effizienter Betriebsfälle zur Minderung der CO2-Emissionen des Hoch-ofenprozesses dar. Ebenso werden andere Auswirkungen der auf diese Weise veränderten Betriebsbedingungen auf den Prozess analysiert. Für diesen Zweck wird ein geeignetes Prozessmodell des Hochofens erstellt und anhand von Betriebsdaten parametriert und validiert. Auf dieser Basis werden zahlreiche Betriebsfälle sowohl für das Einblasen von Wasserstoff in den Hochofen unter verschiedenen Betriebs-bedingungen, als auch für die Nutzung von DRI als Eisenträger im Hochofen simuliert. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass die CO2-Emissionen der Roheisenerzeugung im Hochofen durch Anwendung der vorgeschlagenen Maßnahmen wesentlich gemindert werden. In den optimalen Betriebsfällen können, je nach Betriebsbedingungen, 27,5-35,0 kg/tRE Wasserstoff eingeblasen werden, wodurch sich die Emissionen pro Tonne Roheisen (tRE) um 21,4-28,5 % im Verhältnis zu einem Referenzfall mit einer heute üblichen Betriebsweise reduzieren lassen. Durch die Nutzung von mit Wasserstoff produziertem DRI im Hochofen können die Emissionen im am besten geeigneten Betriebsfall unter Einsatz von 400 kg/tRE DRI um bis zu 26,7 % relativ zum Referenzfall gemindert werden. Bei den Untersuchungen wird deutlich, dass die genannten Maßnahmen u. a. eine wesentlich veränderte Gichtgaszusammensetzung, -menge und -temperatur bewirken, deren Einfluss auf den Energiehaushalt des jeweiligen integrierten Hüttenwerks sorgfältig zu analysieren ist. Vor einer Realisierung der Konzepte sind außerdem das Erhitzen von reinem Wasserstoff auf hohe Temperaturen auf Basis von Prozessgasen (Gichtgas) sowie ein geeignetes Verfahren zum Einblasen des Wasserstoffs über die Blasformen des Hochofens zu untersuchen, wozu jeweils bereits Vorarbeiten existieren. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die betrachteten Prozessrouten aussichtsreiche Möglichkeiten bieten, die CO2-Emissionen der Produktion von Roheisen substanziell zu mindern, und dass dazu lediglich technische Neuerungen mit verhältnismäßig geringem Aufwand erforderlich sind.

The transition towards a sustainable energy system and the necessary reduction of anthropogenic greenhouse gas emissions are essential goals of the global community in the 21st century. For this purpose, it is crucial to decarbonize the processes of power and heat generation as well as other sectors, such as industrial processes. The iron and steel industry is a large industrial CO2 emitter; about two-thirds of today's steel are produced via the blast furnace/converter route. A promising opportunity to decrease emissions in this sector is the use of hydrogen to reduce iron oxides and partially or completely replace the reducing agent carbon monoxide. By means of water electrolysis, the required hydrogen can be produced almost without any emissions. Within the present work, two concepts to use hydrogen for the hot metal (HM) production in blast furnaces (BFs) are analyzed using simulations. On the one hand, the injection of hydrogen as an auxiliary reducing agent into the raceway and the shaft of the furnace is investigated. On the other hand, the use of direct reduced iron (DRI) is regarded as a feedstock of the BF. The DRI is considered to be produced mainly by hydrogen. The main objective of the work at hand is the determination of efficient operations to reduce CO2 emissions regarding the respective hydrogen demand. For this purpose, a suitable process model of the BF is created and validated using operating data. On this basis, numerous operation modes are simulated both for the injection of hydrogen into the BF as well as for the use of DRI as an iron-bearing feedstock. The results show that the CO2 emissions from the HM production are significantly reduced by applying the proposed measures. Depending on the operating conditions, 27.5-35.0 kg/tHM of hydrogen can be injected, whereby the emissions per ton of HM are reduced by 21.4-28.5 % relative to a reference case in which coke and pulverized coal are applied. By using 400 kg/tHM DRI mainly produced by hydrogen, the emissions during the most appropriate operation can be reduced by up to 26.7 % relative to the reference case. At the same time, it is detected that the aforementioned measures imply a significant change in the composition, amount, and temperature of the top gas of the BF. The influence of these changes is to be carefully analyzed regarding the energy balance of each individual integrated steel mill. Before the concepts are implemented, it is also necessary to investigate the heating of pure hydrogen to high temperatures based on process gases (top gas) as well as a suitable method for injecting the hydrogen via the tuyeres of the BF. In summary, the work at hand shows that the considered process routes offer promising opportunities to substantially reduce the CO2 emissions from the production of HM. Only technical innovations with relatively little effort are required for their implementation.

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