Entwicklung und Charakterisierung von Sprühtrocknungsprozessen zur Herstellung von β-phasigem PVDF in Partikeln und Filmen
Polyvinylidenfluorid (PVDF) ist ein teilkristallines Polymer, das in fünf kristallinen Phasen auftreten kann. In dieser Arbeit wurde die gezielte Herstellung der piezoelektrischen β-Phase durch Sprühtrocknungsprozesse untersucht, wobei der Bildungsmechanismus und die Maximierung des β-Phasenanteils im Fokus standen. Dazu wurden verschiedene Parameter im Sprühtrocknungsprozess, wie die Trocknungsluftmenge, die Art des Zerstäubers, die Massenbeladung, die Temperatur und die Tropfenladung, variiert. Es zeigten sich je nach Prozessbedingungen unterschiedliche Phasenzusammensetzungen des PVDFs. Bei der Sprühtrocknung mit pneumatischen Zerstäubern zeigte sich, dass PVDF bei hinreichend hohen Trocknungsraten nahezu vollständig (ca. 95 %) in der β-Phase hergestellt werden kann. Anhand der Resultate kann die Bildung des PVDFs in seinen unterschiedlichen Phasen mit der Ostwaldschen Stufenregel erklärt werden. Die Stufenregel besagt, dass die Bildung einer kristallinen Phase, zuerst in dem Zustand stattfindet, welcher dem Ursprungszustand energetisch am nächsten ist. Da die β-Phase den höchsten energetischen Zustand hat, wird sie bei schneller Verdampfung des Lösungsmittels gebildet. Bei der Zerstäubung durch Elektrospray entstehen die PVDF-Partikel in einem elektrischen Feld aus geladenen Tropfen. Der Einfluss der Ladung und des elektrischen Feldes auf die kristallinen Phasen wurden in einem modularen Sprühtrocknungsaufbau untersucht, der eine Trennung beider Effekte ermöglichte. Dabei zeigte sich, dass das elektrische Feld keinen Einfluss auf die Bildung der β-Phase hat. Dagegen spielt die Ladung der Tropfen eine wesentliche Rolle bei der Ausbildung der β-Phase. Es macht keinen Unterschied, ob die Ladung direkt beim Tropfenbildungsprozess aufgeprägt wird (z.B. im Elektrospray) oder nachträglich von außen aufgebracht wird (z.B. mittels Koronaaufladung). Offensichtlich hat die elektrische Ladung an der Tropfenoberfläche eine ordnende Wirkung auf die Elemente der PVDF-Ketten, so dass sie sich in der all-trans Konformation ausrichten, d.h. in der β-Phase. Der Effekt war sowohl mit positiver als auch mit negativer Ladung zu beobachten, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Um die Hypothese zur Bildung der β-Phase nach der Ostwaldschen Stufenregel weiter zu erhärten, wurden die Verdampfungsraten bei der Trocknung im Spray quantifiziert. Dabei wurde eine Methode verwendet, die eine hochauflösende Quarzkristall-Mikrowaage (QCM) nutzt, um die Trocknungszustände zu ermitteln, und mit einem Elektrospray-Aufbau kombiniert. Die QCM wurde dabei mit PVDF-Partikeln beschichtet. Durch Variation des Abstandes zwischen Elektrospraydüse und QCM konnten unterschiedliche Trocknungszustände auf der QCM realisiert werden. Wenn der Abstand zwischen Düse und QCM gering ist, treffen die Partikel mit einer Restfeuchte auf, ist der Abstand dagegen größer, sind die Partikel beim Auftreffen bereits getrocknet. Es zeigte sich, dass die Trocknungsrate im Spray um bis zu einem Faktor von 104 größer ist als in abgeschiedenen Filmen. Die Phasenzusammensetzung der im Spray getrockneten Partikel weist dabei fast vollständig die β-Phase auf. Bei der langsameren Filmverdampfung ist der β-Phasenanteil deutlich reduziert. Auch bei technisch interessanteren dicken PVDF-Schichten wurde die Abhängigkeit vom Trocknungszustand auf die Bildung der β-Phase beobachtet. Interessanterweise deutete sich beim Abscheideprozess auch eine Polarisation der PVDF-Schichten an, was besonders für die Aufbringung von piezoelektrischen Schichten in einem einfachen Einschritt-Verfahren von Bedeutung ist.
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Wiegmann
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